Die Architektur des Museums

Als eines der schönsten Kunstmuseen im Rheinland besticht das Arp Museum Bahnhof Rolandseck durch seine einzigartige Architektur. Bestehend aus dem historischen Bahnhofsgebäude und dem modernen Bau des amerikanischen Architekten Richard Meier, eröffnet das Museum einen beeindruckenden Ausblick über den Rhein auf das gegenüberliegende Siebengebirge.

Arp Museum Bahnhof Rolandseck (fotografiert vom Richard Meier-Bau) © Foto: U. Pfeuffer, GDKE
Aufzugsturm des Richard Meier-Baus © Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Foto: David Ertl
Der Bahnhof Rolandseck © Foto: Ultrich Pfeuffer, GDKE (Detail)
Der Richard Meier-Bau aus südwestlicher Richtung © Foto: Wolkenkratzer Luftbildfotografie, Wikipedia

Erlebnis Architektur

Der Weg durch die teils unterirdische Passage, die die beiden Gebäude verbindet, ist in sich bereits ein architektonisches Erlebnis. Im Folgenden erfahren Sie mehr über die Architektur dieses besonderen Baukunst-Ensembles: zunächst stellen wir Ihnen den traditionsreichen Bahnhof vor, anschließend den Neubau auf den Rheinhöhen.

Der historische Bahnhof Rolandseck

1825 wurde in England die erste Eisenbahnstrecke der Welt in Betrieb genommen. Dreißig Jahre später fuhr die Eisenbahn auch nach Rolandseck. Der spätklassizistische Bahnhof Rolandseck, 1856 von Baumeister und Ingenieur Emil Hermann Hartwich (1801–-1879) vollendet, ist auch heute noch an den Schienenverkehr angeschlossen. Es ist der Blütezeit der Rheinromantik im 19. Jahrhundert zu verdanken, dass das repräsentative Bahnhofsgebäude in dem kleinen Ort steht.

Historische Postkarte des Bahnhof Rolandseck © Arp Museum Bahnhof Rolandseck

Umgeben von Ausflugszielen wie dem sagenumwobenen Rolandsbogen, dem Drachenfels nebst Burg und Ruine und der Burg Stolzenfels, fügt sich der Bahnhof als Schauplatz gesellschaftlicher und künstlerischer Ereignisse bestens in die malerische Rheinlandschaft ein.

Abseits der wichtigen Verkehrsknotenpunkte gelegen, blieb das Gebäude glücklicherweise von der Zerstörung in zwei Weltkriegen verschont. Heute gilt es als bedeutendes Kulturdenkmal der rheinischen Kunstgeschichte und des frühen deutschen Eisenbahnbaus. Der Bau spiegelt als repräsentatives Zeugnis der Ingenieurskunst das neue Architekturverständnis des industriellen Zeitalters wider. Vor allem die ornamentierten Stützen und Geländer der Terrassen sind markante Zeugnisse des rheinischen Eisenkunstgusses.

Fassade Bahnhof Rolandseck © Mick Vincenz

Der Bahnhofsarchitekt

Der Architekt Hartwich war geprägt vom klassizistischen Stil des berühmten preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel.

Ausgewogenheit, Harmonie und Symmetrie bestimmen als gestalterische Prinzipien die architektonische Gliederung des Gebäudes.

Der zweigeschossige Hauptbau ist flankiert von zwei zweieinhalbgeschossigen Eckbauten, deren flache Giebel ihn überragen. Er ruht auf einem grob quadrierten Sockel, dem heutigen Haupteingang des Museums. Er diente ursprünglich als Remise, in der die Pferde und Kutschen versorgt wurden.

Klassengesellschaft im Bahnhofsgebäude

Links und rechts des Eingangs führt ein zweiläufiger Treppenaufgang in die erste Etage, wo sich einst die Bahnhofshalle und die Wartesäle der 3. und 4. Klasse befanden. Diese Ebene auf Gleishöhe wird heute als Arp Labor von unserer Kunstvermittlung genutzt. Die zweite Etage beherbergt nun das Bistro und zwei Festsäle, seinerzeit die Wartesäle der 1. und 2. Klasse. Der prächtige, große Festsaal des Bahnhofs war schon im 19. Jahrhundert ein beliebter Treffpunkt illustrer Persönlichkeiten aus Gesellschaft, Politik und Kunst.

 

Die ehemalige gesellschaftliche Klassifizierung der Etagen lässt sich auch an der baulichen Gestaltung ablesen: Fenster- und Türbögen und vor allem die gusseisernen Geländer der Aussichtsgalerien sind im zweiten Stock besonders kunstvoll ausgestaltet.

Vom Künstlerbahnhof zum Arp Museum

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Bahnhof nicht mehr bewirtschaftet und verfiel zusehends. Kurz vor dem geplanten Abriss im Jahr 1964 entdeckte es der Bonner Galerist Johannes Wasmuth. Voller Tatendrang erweckte er das prachtvolle Gebäude als Kunst- und Künstlerzentrum zu neuem Leben. Mehr zur Geschichte des Bahnhofs erfahren Sie hier...

Seit 1981 steht der Bahnhof Rolandseck unter Denkmalschutz und wird als kunsthistorisch wertvolles Zeugnis aus den Gründerjahren der Eisenbahn erhalten. Im Jahr 2000 begann eine umfassende Sanierung und Renovierung der historischen Gebäude.

Der Festsaal des Bahnhof Rolandseck © Foto: U. Pfeuffer, GDKE
Der Konferenzraum im Bahnhof Rolandseck © Foto: U. Pfeuffer, GDKE

Der Festsaal des Bahnhofs

Im Zuge der Renovierung wurden in den Ausstellungsräumen und Festsälen historische Deckenmalereien freigelegt, die zusammen mit den imposanten Kristallleuchtern und dem unverputzten Stuck eine besondere Atmosphäre schaffen. Ganz der Tradition gemäß, werden diese Räume auch heute nicht nur für die Bewirtung der Gäste genutzt, sondern auch für Konzerte und Veranstaltungen.

Die Terrasse des Bahnhofs Rolandseck © Foto: Claudia Görres

TIPP: Die Bahnhofstoiletten

An der Außentreppe der ersten Etage befinden sich die öffentlichen Bahnhofstoiletten. Sie wurden bereits 1972 vom britischen Künstler Stephen McKenna ausgestaltet und geben als bleibendes Andenken einen Eindruck vom illustren Künstlerbahnhof der 1960er und 70er Jahre.

Der Bahnhof wird zum Museum

Seit Ende der 1970er Jahre ein Teil des Nachlasses von Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp in den Künstlerbahnhof gelangte, trat die museale Funktion des Ortes mehr und mehr in den Vordergrund. Die Pflege der Sammlung Arp gab bald den Anstoß für Erweiterungspläne des Bahnhofs um einen Neubau. Bis zur Eröffnung des heutigen Ensembles des Arp Museums Bahnhof Rolandseck aus Alt- und Neubau sollte es jedoch noch einige Jahre dauern.

Der Neubau von Richard Meier © Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Foto: Wolfgang Morell

Der Neubau

Ein Museum für die Arps

Johannes Wasmuth hatte den amerikanischen Architekten Richard Meier bereits in den 1970er Jahren kennen gelernt. Gemeinsam entwickelten Sie Pläne für ein Museum, das der Kunst Hans Arps und seiner Frau Sophie Taeuber-Arp gewidmet sein sollte. Die Ideen waren zahlreich, doch die finanziellen Mittel fehlten und so konnten die Pläne zunächst nicht realisiert werden.

Richard Meier, der dem Projekt treu geblieben war, hatte in der Zwischenzeit seine Erfahrungen im Museumsbau erweitert.

Mit Bauten wie dem High Museum of Art in Atlanta, dem Museum für zeitgenössische Kunst in Barcelona und dem Getty Center in Los Angeles ist er heute einer der weltweit wichtigsten Architekten für den zeitgenössischen Museumsbau.

Nachdem die Finanzierung des Projekts mit Hilfe von politischer Seite und durch Mittel des Landes Rheinland-Pfalz sowie dem Bonn-Berlin-Ausgleichsfonds schließlich stand, nahm das Arp Museum 2000 offiziell seinen Betrieb im Bahnhof Rolandseck auf. Parallel zu den umfassenden Renovierungsarbeiten des Bahnhofs erfolgte die Grundsteinlegung für den Neubau auf den Rheinhöhen. Im September 2007 wurde der Museumskomplex von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem damaligen Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, eröffnet.

Mit dem Neubau ist ein einzigartiges Gebäudeensemble entstanden: Das klassizistische Bahnhofsgebäude ist durch eine spannende unterirdische Architekturpassage mit einem neuen Ausstellungspavillon auf der anderen Seite der Gleise und der modernen weißen Höhenburg Meiers – 40 Meter über dem Rhein – verbunden. Das Museum gehört mit 2.500 m² Ausstellungsfläche mittlerweile zu einer festen Größe in der nationalen und internationalen Museumsszene.

Richard Meier über das Arp Museum

»Hier gehört alles zum Gesamterlebnis: die Ankunft am Bahnhof, der Gang durch den Tunnel, die Fahrt nach oben mit dem Aufzug und die Überquerung der Brücke zum Museum.«

Eingangstunnel Arp Museum © Foto: U. Pfeuffer, GDKE

Vom Foyer im Bahnhof gelangt man in einen ersten Tunnel, der unter den Bahngleisen hindurchführt. Am Ende dieses Tunnels tritt man ins Licht - die Decke ist verglast und bietet Ausblicke in den Himmel und die Landschaft. Diese Öffnung nach außen ist eines der wesentlichen Merkmale der Architektur Richard Meiers. Durch große Glasfronten oder bewusst platzierte kleinere Fensteröffnungen integriert er die Umgebung wie Landschaftsbilder in den Raumeindruck. Rechts die Treppen hinauf passiert man eine Fensterfront, die bereits den Blick auf den gläsernen Aufzugsturm frei gibt, der mitten durch den Hang hinauf führt.


Zunächst öffnet sich jedoch ein Ausstellungsraum, der wie ein Riegel parallel zum Korridor und zu den Gleisen liegt. Es ist der Ausstellungspavillon der Kunstkammer Rau. Er beherbergt seit 2009 die Sammlung Rau für UNICEF, die als langfristige Leihgabe bis 2026 im Arp Museum Bahnhof Rolandseck in wechselnden Ausstellungen präsentiert wird. Der Pavillon ist fensterlos und bietet damit viel Wandfläche und UV-Schutz für die wertvollen Gemälde der Sammlung Rau.

Der Korridor vor der Kunstkammer führt in einen zweiten Tunnel. Er wurde in den Rheinhang hineingetrieben, wie man an seinem runden Querschnitt und den unverkleideten Betonwänden erkennen kann. Unter der Lichtinstallation »Kaa, die Schlange« von Barbara Trautmann hindurch, erreicht man am Ende des Stollens den Aufzugturm, der in den Neubau von Richard Meier führt. Über zwei gläserne Kabinen oder 230 Stufen gelangt man nach oben.

Kaa, die Schlange von Barbara Trautmann © Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Foto: Wolfgang Günzel
Passage zum Aufzugschacht, Arp Museum © Foto: U. Pfeuffer, GDKE

Die Wände im Aufzugschacht sind nicht verkleidet. Stattdessen erkennt man durch die Scheiben der gläsernen Aufzüge noch die Spuren der riesigen Hohlbohrer, die sich hier in die Erde gefräst haben.
Aus dem engen, dunklen Schacht gelangt man hinauf in den lichten, mit Milchglas geschlossenen Kegelstumpf, der bereits von unten zu sehen war. Ein schmales Band aus klarem Glas gibt bereits den Blick nach draußen frei und lässt die Aussicht erahnen, die uns beim Verlassen des Aufzugs erwartet: Die mit einem Aussichtsbalkon versehene, gläserne Passage, die Aufzugturm und Hauptbau verbindet, bietet einen wunderbaren Ausblick auf den Rhein und das Siebengebirge.

Der dreigeschossige Neubau erinnert an eine moderne, weiße Rheinburg – nicht wehrhaft und abweisend wie in alten Tagen, sondern als offener und einladender Ort der Kunst. Die Außenterrassen sind während der Öffnungszeiten übrigens alle zugänglich. Inspiriert von der Architektur Le Corbusiers übernimmt Richard Meier die Idee der Stützpfeiler, die das Gebäude tragen. Da die Fassade so von ihrer statischen Funktion entbunden ist, kann sie frei gestaltet und großflächig verglast werden.

Blick aus der Lobby des Richard Meier-Baus © U. Pfeuffer
Die Passage zwischen Aufzugturm und Neubau © Foto: Ulrich Pfeuffer, GDKE
Das Treppenhaus im Neubau © Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Foto: Ulrich Pfeuffer, GDKE

In dieser Transparenz gehen Architektur und Umgebung ineinander über. Dabei belässt Meier es nicht bei einer einfachen, durchgehenden Verglasung, sondern strukturiert die Fläche durch eine Schichtung verschiedener Ebenen. Durch die Platzierung von Treppen, Gebäuderiegeln und die für Meier typischen, weißen Bauelemente ist der Blick in die Landschaft einerseits freigegeben und gleichzeitig immer wieder begrenzt. Meier spielt mit Durchsicht und Verschleierung, kreiert Blickachsen und beeinflusst so die Wahrnehmung des Betrachters.

Die drei Ebenen des Neubaus sind durch ein offenes Treppenhaus mit hängenden Treppen verbunden. So ergeben sich Sichtbezüge Blickachsen durch die gesamte Höhe des Gebäudes und es entsteht eine helle, lichte Atmosphäre.

Richard Meier

*12.10.1934 in Newark, New Jersey, USA als Peter Richard Alan Meier
Bis 1957 Studium der Architektur an der Cornell University in Ithaca, New York (BArch 1957)
1959 Besuch bei Le Corbusier in Paris

Architekturführer Arp Museum Bahnhof Rolandseck

Katalog Richard Meier. Building as Art

Richard Meier. Building as Art

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Quellen

  • Loosen-Graefe, Judith, Die Architektur des Einbahnempfangsgebäudes Rolandseck, in: Gallwitz, Klaus (Hg.): Arp Museum Bahnhof Rolandseck. Ein Museum und seine Geschichte, Remagen 2008.
  • Mattern, Jutta: Ein Bahnhof macht Geschichte, in: Gallwitz, Klaus (Hg.): Arp Museum Bahnhof Rolandseck. Ein Museum und seine Geschichte, Remagen 2008.
  • Schreiber, Daniel J.: Schönheit Gebaut aus Licht. Das Arp Museum von Richard Meier, in: Gallwitz, Klaus (Hg.): Arp Museum Bahnhof Rolandseck. Ein Museum und seine Geschichte, Remagen 2008.
  • Goetz, Gisela: Gäste und Feste im Arp Museum Bahnhof Rolandseck, in: Gallwitz, Klaus (Hg.): Arp Museum Bahnhof Rolandseck. Ein Museum und seine Geschichte, Remagen 2008.
  • Claus, Sylvia / Schirren, Matthias / Kornhoff, Oliver (Hg.): Building as Art. Richard Meier, Remagen 2012.

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