Rheinkilometer 635, Rheinpromenade Remagen
Wer sich der "Lichtgestalt" von Aron Demetz nähert, kann die feinen Zweige und Blätter sehen, die aus ihren Fingerspitzen wachsen. Sie ist verbunden mit dem gewaltigen Sockel in Form einer Baumwurzel. Dieses raumgreifende Gewächs, das an Tentakeln erinnert, scheint sich vorsichtig tastend mit dem Untergrund verbinden zu wollen, um dort im wahrsten Sinne des Wortes Wurzeln zu schlagen und die neue Heimat zu erobern.
ARON DEMETZ | HEIMAT, 2014
Aron Demetz hat für das Skulpturenufer Remagen die 175 cm große Bronze »Heimat« geschaffen, eine weibliche Figur auf einem wurzelnden Sockel. In einer Gießerei in der Toskana gefertigt, hat die Skulptur ihren perfekten Standort – ihre Heimat – hier am Rhein gefunden. Innerhalb des Skulpturenufers Remagen ist Aron Demetz' Skulptur die einzige menschlich-figürliche Arbeit.
Der ursprüngliche Standort am Rheinkilometer 635 befand sich ganz in der Nähe zum neugotischen Schloss Marienfels in nördlicher Richtung entlang des Leinpfads. So korrespondierte die Skulptur mit einer Madonnenfigur, die sich in einer Nische eines Felsens unterhalb des Schlosses befindet. Der Sage nach ließ der Bauherr von Schloss Marienfels diese aufstellen, um den Machenschaften des Teufels entgegenzuwirken. Dieser würde wohl auch vor Aron Demetz' nackter, selbstbewusster, zeitgenössischer »Madonna« mit ihrer auratischen Kraft und Wehrhaftigkeit zurückweichen. Aufgrund von Vandalismus musste die Skulptur dort entfernt werden und fand diesen neuen Standort am Skulpturenufer.
Die Figur von Aron Demetz blickt mit festem und ernstem Gesichtsausdruck geradewegs auf den Rhein. Ihr wachsen feine Zweige und Blätter aus den Fingerspitzen. Damit nimmt der Bildhauer Bezug auf den häufig in der Kunst dargestellten römischen Mythos von Daphne, die sich zum Schutz vor dem liebestollen Apollo in einen Lorbeerbaum verwandelt. Dabei steht Demetz' Figur aufrecht in einer der Mauerkassetten und ist mit einem gewaltigen Sockel in Form einer Baumwurzel verbunden. Dieses raumgreifende Gewächs, das an Tentakeln erinnert, scheint sich vorsichtig tastend mit dem Untergrund verbinden zu wollen, um dort im wahrsten Sinne des Wortes Wurzeln zu schlagen und die neue Heimat zu erobern. Dabei kontrastiert der patinierte, rindenähnliche Wurzelteil mit der hellen und lichtreflektierenden Patina der Figur, die wie eine »Lichtgestalt« ihr Areal fest im Blick hat.
Der Südtiroler Künstler versteht es vorzüglich, ausgehend von der Tradition der Bildschnitzkunst, seine größtenteils in Holz gearbeiteten Skulpturen in ein anderes Material zu übertragen. Er überrascht uns mit einer Figur in einem ganz eigenen künstlerischen Stil und beleuchtet die Frage nach der Heimat und den Wurzeln eines jeden Menschen auf besondere Art und Weise.
Verletzung, Heilung und Metamorphose
Der Südtiroler Künstler setzte sich im Themenjahr »Menschliche Dimensionen« des Arp Museums Bahnhof Rolandseck mit dem menschlichen Körper und dessen Verletzlichkeit auseinander. Vom 22. August 2014 – 11. Januar 2015 zeigte er in einer beeinduckenden Ausstellung ARON DEMETZ. I AM neben den 2009 erstmals auf der 53. Biennale in Venedig gezeigten Skulpturen, auch Bronze-, Marmor-, und Glasarbeiten.
Figurativ arbeitend folgt er in seiner Arbeit der Tradition der Bildschnitzkunst, bearbeitet seine aus unterschiedlichsten Holzarten bestehenden Skulpturen aber in einem ganz eigenen künstlerischen Stil, der Überlieferung und Moderne vereint. Scharfe Einschnitte mit Motorsäge, Stemmeisen und Beil treffen auf maschinelle Fräsvorgange. Manche Figuren übergießt er mit Naturharz oder lässt raue Holzfäden aus den Körperoberflächen wachsen. Die Themen Verletzung, Heilung und Metamorphose bestimmen fast alle seine Arbeiten. Es sind zudem die besonders ausgearbeiteten Augen, deren unverwechselbar kraftvoller Ausdruck den menschengroßen Figuren etwas einzigartig Beseeltes und Lebendiges verleiht.
Aron Demetz wurde 1972 in Sternzing/Südtirol geboren, er lebt und arbeitet in Gröden/Südtirol.
Weiterführende Informationen
Anlässlich des 2000-jährigen Bestehens der Stadt Remagen wurde die Idee zu einem dauerhaften Kunstprojekt entlang des Rheinufers in Kooperation mit dem Arp Museum Bahnhof Rolandseck entwickelt. Ein Skulpturenufer mit derzeit 15 Arbeiten renommierter Künstlerinnen und Künstler wurde von 2001 bis heute auf 14 Rheinkilometern zwischen Remagen-Rolandswerth und Remagen-Kripp realisiert.
Für Gruppen mit bis zu 6 Personen bieten wir auch ca. 2-stündige geführte Fahrradtouren an, bei denen Ihnen kenntnisreich und unterhaltsam die einzelnen Skulpturen näher gebracht werden.
Weiter Infos: KONZEPT / INFOS / KARTE ZUM SKULPTURENUFER ROLANDSECK