Villa Musica. Interview mit Nabil Shehata

Der Dirigent, Kontrabassist und Festivalmusiker in Rolandseck im Gespräch mit Verena Düren

  • Nabil Shehata
    © Foto: Stefan Zwickirsch
Nabil Shehata

»So entsteht ein ganz wunderbares Familiengefühl, das ich so auch in Rolandseck kennengelernt habe.«

Villa Musica

Forellenquintett in Rolandseck

 

Mit Schubert ins neue Jahr: Das Forellenquintett als spätes Neujahrskonzert der Villa Musica am Freitag, dem 20.01.2023 um 19 Uhr im Festsaal des Historischen Bahnhof Rolandseck.

 

Mit von der Partie sind der französische Geiger Mohamed Hiber und Villa Musica-Stipendiat*innen aus vier Ländern. Schubert schrieb sein „Forellenquintett“ 1819 für einen Kammermusik-Enthusiasten aus Oberösterreich. 60 Jahre später griff der blinde Wiener Josef Labor die Idee auf – eine ideale Vorlage für Nabil Shehata und seine jungen Mitspieler. Bei Schulhoff, dem Dadaisten aus Prag, trifft der Kontrabass auf eine kesse Flöte und eine wilde Bratsche. Ein Kammermusik-Feuerwerk drei Wochen nach Neujahr.

 

Verena Düren sprach im Vorfeld mit dem Bassisten Nabil Shehata.

 

Du bist ja seit einigen Jahren vor allem als Dirigent tätig. Wie viel Kontrabass spielst Du noch?

Ich mache nicht mehr viel solistisch. Das sind dann wenn in der Regel ganz besondere Anlässe und Ausnahmen. Fünf- bis sechsmal pro Jahr mache ich aber immer noch schöne Kammermusikprojekte. Dabei geht es dann vor allem um Projekte von Freunden, schöne Festivals, bei denen man noch mal gemeinsam Kammermusik macht. Das genieße ich sehr und mache ich immer noch gerne. Wenn solche Projekte anstehen, dann brauche ich aber auch immer circa vier bis sechs Wochen Vorlauf, um auf dem Kontrabass wieder fit zu sein. Die restliche Zeit lege ich den Kontrabass durchaus auch mal ganz beiseite. Ich habe gemerkt, dass das für mich besser funktioniert als zu versuchen, kontinuierlich Bass zu spielen und zu üben. Das gestaltet sich spätestens dann sehr schwierig, wenn man beispielsweise mit dem Orchester unterwegs ist.

Wie lange bist Du jetzt schon in Siegen?

Ich bin seit der Spielzeit 2019 / 20 dort Chefdirigent der Philharmonie Südwestfalen. Mein Vertrag geht jetzt noch bis 2024, aber es gibt aktuell Gespräche hinsichtlich einer möglichen Verlängerung. Seit ich dort bin, ist auch das Dirigieren mein Schwerpunkt geworden. Vorher habe ich die Kammeroper München geleitet, die aber nur projektweise gearbeitet hat. Außerdem hatte ich damals auch noch die Professur an der Hochschule in München, so dass ich sehr intensiv unterrichtet habe. Aber seit 2019 liegt der Schwerpunkt auf der Arbeit in Siegen.

Inwieweit haben sich Dein eigenes kammermusikalisches Musizieren oder auch die Arbeit mit jungen Musiker*innen durch Deine Tätigkeit als Dirigent verändert?

Natürlich habe ich die Kolleg*innen bei der gemeinsamen Kammermusik nun auch anders im Blick. Aber ich möchte da auch vorsichtig sein und meine Funktion und Rolle als Bassist nicht aufblähen. Es hat seine musikalischen und historischen Gründe, dass bei Streicherensembles die 1. Violine die Führung übernimmt. Aber es ist natürlich schön, wenn man auch bei dieser Rollenverteilung auf Augenhöhe zusammenarbeitet. Das Dirigieren hilft natürlich auch beim Unterrichten. Das merke ich natürlich vor allem hinsichtlich des Orchesterspiels und der Vorbereitung auf Probespiele. Es ist natürlich klar: Je mehr Erfahrung man hat, desto mehr und besser kann man Tipps geben.

Kannst Du mir etwas über die Werke des Konzerts in Rolandseck sagen?

Die Forelle ist natürlich das bekannteste Werk für diese Besetzung. Für mich ist es auch so, dass trotz dieser doch sehr begrenzten Anzahl von Projekten mit Kontrabass ich doch die Forelle mindestens einmal im Jahr spiele. Völliges Neuland ist für mich jedoch das Quintett von Labor, das auch auf dem Programm steht. Ich kannte das Stück vorher gar nicht – es war die Idee von Alexander Hülshoff, dieses in das Konzert aufzunehmen. Es sind sehr viele Bass-Soli enthalten, die sehr virtuos sind. Das verwundert insofern nicht, weil Labor das Quintett dem Kontrabassisten Franz Simandl gewidmet hat, der bis heute noch ungemein wichtig für Bassisten ist, weil von ihm die wichtigsten Schulen sind, mit denen wir arbeiten. Und das dritte Werk von Schulhoff ist natürlich mit Flöte, dabei auch viel Piccolo, Bratsche und Kontrabass ebenfalls eine interessante Besetzung und entstand 1925.

Du bist nicht zum ersten Mal in Rolandseck, sondern gehörtest lange Zeit zu den festen Festivalmusikern des Rolandseck-Festivals. Was verbindest Du mit Rolandseck?

(lachend) Das weißt Du doch auch sehr gut… Ich habe wirklich sehr schöne Erinnerungen an Rolandseck. Die Festivals mit Guy waren für mich so etwas wie goldene Jahre. Ich war gerade erst als Bassist bei den Berliner Philharmonikern und hatte die Möglichkeit, im Sommer mit dieser besonderen Gruppe von Musiker*innen zu arbeiten. Diese besondere Art des Festivals, wo wir alle über einen längeren Zeitraum hinweg vor Ort waren und hier zusammen gearbeitet und gelebt haben, war für mich auch Motivation, in Verden mein eigenes kleines Festival zu gründen. Dabei sind mir gerade diese Aspekte wie ein harter Kern von Musikern, die immer wieder spielen und auch eine überschaubare Gruppe sehr wichtig. So entsteht ein ganz wunderbares Familiengefühl, das ich so auch in Rolandseck kennengelernt habe. Ich hab wirklich sehr schöne Erinnerungen an Rolandseck!

 

FORELLENQUINTETT

Mohamed Hiber, Violine
Nabil Shehata, Kontrabass
Stipendiat*innen der Villa Musica

 

Franz Schubert:
Quintett für Klavier und Streicher A-Dur, D 667 („Forellenquintett“)
Josef Labor:
Quintett e-Moll für Klavier, Kontrabass und Streichtrio, op. 3
Erwin Schulhoff:
Concertino für Flöte, Viola und Kontrabass

 

Tickets: 30 € 

Kinder unter 18 Jahren: 6 €

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