Arp im Ohr: Paul Watermann schreibt Bilder

05 Nov 2022

  • ARP IM OHR-Stipendiat Paul Watermann
    © Foto: Helmut Reinelt
Textauszug von Paul Watermann

»Wir Kinder von Moskau, sagt man, sind wie die Tauben in der Stadt und die, die sie füttern, gleichzeitig. ...«

Geschriebene Bilder

 

Der Schriftsteller Paul Watermann ist der diesjährige ARP IM OHR – Stipendiat und verbrachte die Zeit von August bis Oktober bei uns in Rolandseck.

 

Irgendwo im Niemandsland zwischen vielen stilistischen Stühlen platziert Paul Watermann seine kleinen literarischen Preziosen. Sie kommen bescheiden und leise daher, können aber beim Lesen sofort Bilder im Kopf erschaffen, die große Lebendigkeit ausstrahlen. 

 

Seine Prosa besteht aus Momentaufnahmen, in denen er Interaktionen zwischen Menschen beschreibt. Er hält dabei deutlich Distanz, bleibt aber mit starker Empathie involviert und erfasst akribisch Details der Szenerien und der handelnden Personen. Als würde er sie aus der Ferne mit einem Teleobjektiv beobachten. 

 

Seine Arbeit im Rahmen des Stipendiums heißt "Moskovian Kinder". Allerdings ist dabei nicht klar, ob die Protagonisten wirklich Kinder sind oder nur Projektionsflächen für Sehnsüchte.  "Das Einzige, was klar ist, ist, dass es sehr kleine Menschen sind." sagt Paul Watermann. "(...) Jugendliche, die in einem Park abhängen, von denen man ein paar näher kennenlernt. (...) man sieht sie teilweise auch als Kinder bzw. später als Erwachsene. Einer davon ist Leon, der verkrüppelte Beine hat und als Kind als Torwart im Park Fußball gespielt hat. Eine ist Marie, die sozusagen übernatürliche Fähigkeiten hat, die sich alle auf optische Phänomene beziehen. (...) z.B. Dinge und Menschen vor dem inneren Auge wie in einer 3D Simulation rotieren lassen. (...) Eine ist Leonie, die eine Beinprothese hat, aber so ein bisschen die ist, in die sich immer alle verknallen. (...) Dann gibt es wie immer bei mir sehr viele verschiedene Tiere."

 

Einige Textfragmente daraus:

"Wir Kinder von Moskau, sagt man, sind wie die Tauben in der Stadt und die, die sie füttern, gleichzeitig. Wenn wir angeln gehen, dann mit Schnüren, die auf weißen Holzbrettern aufgewickelt sind, und beim Angeln singen wir Lieder in unseren spezifischen Heimatsprachen, mit unseren spezifischen Heimatdialekten. Denn beim Angeln denken wir an unsere Jugendzeit, jede für sich; so nennen wir es."

 

"Dieser Ort sieht aus, als könnte hier ein Schild aufgestellt sein, eine Informationstafel, auf der steht: „Es dankt für die viele Unterstützung, die Zeit.“ „Es dankt für den zur Verfügung gestellten Raum, die Zeit."

 

"Im Imagefilm der Reichen sieht man kleine Dinosaurier in satten Farben herumhüpfen. Sie haben eine behütete Zeit. Verpasst man einen Teil, dann macht das gar nichts, denn auch morgen wird behütet sein. Sagt eine Stimme aus dem Off: So ist das bei uns Reichen. Die Situation ist immer unter Kontrolle. Unseren Kindern geht es wie den kleinen Dinosauriern und damit das so bleibt, kümmern wir uns um den Rest."

 

 

Das Stipendium

ARP IM OHR


In Kooperation mit dem Arp Museum Bahnhof Rolandseck lobt das Künstlerhaus Edenkoben jährlich für 3 Monate (August-Oktober) ein Stipendium für Schriftsteller*innen aus, die sich in ihrer Arbeit mit dem Werk Hans Arps beschäftigen.

 

Weitere Informationen:

kuenstlerhaus-edenkoben.de/stipendien/austauschstipendien

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